dokumentarisches Theater-Projekt

Rotlicht

In Deutschland nehmen pro Tag etwa 1,2 Millionen Männer die Dienste von Prostituierten in Anspruch. Der Jahresumsatz im Sexgewerbe beträgt nach Angaben der Gewerkschaft Verdi etwa 15 Milliarden Euro jährlich. Die Bundesregierung schätzt die Zahl der Sexarbeiterinnen auf rund 400.000 – weit über die Hälfte dieser Frauen sind Migrantinnen. Warum üben Frauen diesen Beruf aus? Wie erleben sie ihren Berufsalltag? Welche gesellschaftliche Funktion erfüllt diese Branche? Die Prostituierten werden in ihren Begegnungen Mitwisserinnen von intimsten Wünschen, Bedürfnissen und Problemen. Sie selbst bezeichnen ihre Arbeit häufig als therapeutisch und werden andererseits gebucht, weil sie sich »so schön fremd« anfühlen.
Die dokumentarisch-musikalische Milieustudie untersucht unter der Regie von Julia Roesler und der musikalischen Leitung von Insa Rudolph eine moderne Dienstleistungsbranche, die zugleich als »das älteste Gewerbe der Welt« gilt. Basierend auf Interviews mit Prostituierten aus ganz Deutschland ist ein Theatertext entstanden, der das Berufsleben im Zwielicht beleuchtet und Widersprüche zulässt und erzählt.

Mit: Imme Beccard, Stefany Dreyer, Angelika Fornell, Nadine Nollau, Denia Nironen, Isabel Meisel, Franziska Roloff, Insa Rudolph, Anja Schreiber

Regie: Julia Roesler

Musik: Insa Rudolph

Ausstattung: Julia Schiller

Dramaturgie:  Anna Gerhards/ Henrik Kuhlmann

Textfassung: Julia Roesler/ Silke Merzhäuser/ Anna Gerhards

In Kooperation mit der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover

Premiere: 6.April 2013, Deutsches Theater in Göttingen

Eins vorweg – „Rotlicht“ ist ein herausragend gutes Theaterstück! Schon das Bühnenbild ist grandios: Ein riesiges, in rotes Licht getauchtes Schaufenster, im Hintergrund mit einer Art Perlenvorhang abgetrennt. Davor sitzt das formidable Trio, das live mit Klavier, Cembalo und Cello den Soundtrack zur Studie aus dem Protituiertenmilieu liefert, mal melancholisch, mal lasziv-zynisch. (…) Es sind teilweise tragische Schicksale, die jedoch mit einer lakonischen Leichtigkeit erzählt werden. Dabei ist das Stück auch immer wieder höchst unterhaltsam, Regisseurin Julia Roesler beweist ein sicheres Händchen für die Balance aus guten Gags und emotional tief anrührenden Momenten – in denen es still wird im Saal. (…) „Rotlicht“ wirft einen tiefen Blick auf das älteste Gewerbe der Welt und die Menschen dahinter. Und was noch wichtiger sein mag, das Stück wirft auch einen Blick auf so manchen Abgrund in unserer Gesellschaft. „Rotlicht“ ist ein ganz großer Wurf, in Göttingen dankten das die Zuschauer mit minutenlangen Standing Ovations.“
NDR Kultur   

„Man müsse sich bewusst machen, dass Prostitution nicht grundsätzlich mit Menschenhandel verbunden sei, sondern für Frauen aus osteuropäischen Ländern oft der einzige Weg aus der Armut sei, meint die Regisseurin. Wie erniedrigend und voller Pein dieser Weg sein kann, wird klar, als die Schilderungen junger Frauen aus Rumänien nachgespielt werden: Sie sind in Flatrate-Bordellen gelandet, in denen Männer für 120 Euro 12 Stunden lang bekommen, was sie wollen.“
dpa

„Der Lächerlich preisgegeben werden die allesamt großartig dargestellten Charaktere nie, vielmehr verleiht die feinfühlige Inszenierung ihnen eine Stimme und ermöglicht so den Zuschauern einen neuen Blick auf die Welt der Prostitution. Die Charaktere und ihre Geschichten sind so vielschichtig wie die Gesellschaft selbst. Und natürlich geht es auch um Menschenhandel und Zwangsprostitution, um dreißig Freier in einer Nacht, um innerliche Leere und Gewalt. Vor allem aber geht es um eines: Würde. Minutenlange Standing Ovations für wertvolles Theater.“
HNA

„Am Ende wird klar, dass bei jeder die selbstbewusste Rechtfertigung für den Verdienst im Vordergrund steht und keine wirklich von ihrer Arbeit überzeugt ist. Das ist eine Stärke der Inszenierung, die subtil die heutigen Varianten weiblicher Abhängigkeit im ältesten Gewerbe der Welt darstellt.“ Göttinger Tageblatt

eine Produktion des Deutschen Theaters in Göttingen