Mitten in Europa, ausgerechnet in Deutschland, existiert mit dem § 218 ein rigides Gesetz, das den Schwangerschaftsabbruch bei ungeplanten Schwangerschaften seit nun über 150 Jahren kriminalisiert. Doch was genau bedeutet diese Kriminalisierung für die Generation unserer Großmütter, unserer Mütter – und noch immer für uns? Welche Freiheiten nimmt der § 218, welches Leid wird produziert – und was genau wird eigentlich geschützt?
In dem dokumentarischen Theaterprojekt § 218 erzählt werkgruppe2 die Geschichte und Bedeutung des § 218 für Frauen in Oberhausen. In einer Recherche vor Ort wurden Frauen zu ihren Erlebnissen befragt, Archive durchsucht und dem politischen Protest gegen den Paragrafen vor Ort nachgegangen. Welche Auswirkungen hatte der § 218 auf Frauenleben in Oberhausen, für die Familienplanung und Sexualität?
Aus der Recherche entstand eine dokumentarisch- musikalische Inszenierung, die Biografien von 1945 bis heute in Episoden voller Konflikte und Widersprüche vereint und immer wieder spiegelt, was der § 218 in einem konkreten Leben bedeutet.
Eine Koproduktion mit dem Theater Oberhausen
„Anhand von Geschichten und Episoden entfaltet sich die Kulturgeschichte der Abtreibung in Oberhausen, von der eingangs am Gericht spielenden NS-Zeit über die entbehrungsreiche Nachkriegszeit, den peppigen 1960ern und den befreiten 1970ern zu den selbstbewussten WGs der 1980er (dann rockt die Bude), und immer wieder Geschichten von Liebe, Sex und dem Danach, wenn die Schwangerschaft unverhofft in die Biografien einbricht. Anna Polke wandelt sich dabei von der verbitterten Engelmacherin vor dem NS-Gericht zur coolen BRD-Emanze, Ronja Oppelt wechselt mühelos von der verängstigten Angeklagten der 1940er zur rotzigen WG’lerin der 1980er, Regina Leenders ist großartig als freimütige Ostdeutsche, die trotz liberalerem Abtreibungsrecht mit der Trauer zu kämpfen hat, und Susanne Burkhard fesselt als verstoßene Tochter einer katholischen Familie in der Schlussszene – lauter starke Rollen.(…)
Es ist ein intensiver Abend voller Aufrichtigkeit, Betroffenheit und Trauer, und zwischenzeitlich ist die Atmosphäre im Saal so dicht, als würden da unsere eigenen Geschichten erzählt, als hätten wir alle, Männer eingeschlossen, schon einmal abgetrieben, eine wahrhaft „kollektive Biographie“. Ginge es nach uns, der leidige § 218 flöge noch heute aus dem Strafgesetzbuch. Am Ende stehender Applaus. Hingehen!“
Karin Yeşilada auf nachtkritik.de
Regie: Julia Roesler
Komposition und Musikalische Leitung: Insa Rudolph
Kostüme und Bühne: Julia Schiller
Dramaturgie: Silke Merzhäuser, Laura Mangels
Recherche & Text: Julia Roesler, Silke Merzhäuser
Mit: Susanne Burkhard, Regina Leenders, Anna Polke, Ronja Oppelt; Anne Hartkamp, Insa Rudolph, Ulla Oster (Musik)
Fotos: Jochen Quast
In der Inszenierung wird der Song „battered wives“ der FLYING LESBIANS gespielt – wir danken für die Unterstützung.
Premiere: 24. März 2023
Großes Haus, Theater Oberhausen
weitere Vorstellungen: 25.3., 26.3., 26.4., 28.4., 30.4., 3.5., 5.5., 6.5.2023
Tickets hier.
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